Auf dem Berg, zu dessen Füßen das Pfarrdorf Wolferstadt liegt, wurde bereits Ende des 12. Jahrhunderts die Pfarrkirche erbaut. Im Pastoralblatt 1860 pag.208 steht hierüber u. a. auch die Bemerkung:
Im 16. und 17. Jahrhundert, in der Reformationszeit und während der Zeit des 30-jährigen Krieges war die Kirche großen Verwüstungen ausgesetzt. Sie war nach all diesen Wirren in einem so kläglichen Zustand versetzt, daß sie kaum mehr als Gotteshaus angesprochen werden konnte. Die Kirche mußte einer gründlichen Reparatur unterzogen werden. Dies geschah unter Pfarrer Michael Götz, der zugleich Dechant des Kapitels Monheim war. Er war Pfarrer von Wolferstadt von 1711 bis 1749. Bei der Wiederinstandsetzung der Kirche wurde sie auch beträchtlich vergrößert und erhielt durch die Innen-Dekoration den Charakter einer Barockkirche. Im Jahre 1747 konnte sie wieder neu eingeweiht werden, also vor 200 Jahren.
Die Pfarrgemeinde ließ es sich nicht nehmen, die 200-Jahrfeier der Wiederinstandsetzung und Neueinweihung ihrer altehrwürdigen Pfarrkirche so festlich als möglich zu gestalten; und zwar sollte das Fest des Kirchenpatrons, des hl. Bischofs Martinus der Hauptfesttag in dieser Jubelfeier sein. Für diesen Tag hatte auch Seine Excellenz unser hochwürdigster Herr Bischof sein Erscheinen zur großen Freude des ganzen Pfarrvolkes zugesagt. Um die Gläubigen in die rechte Herzensverfassung zu versetzen, die zur würdigen Feier eines Gotteshauses notwendig ist, wurden in der Woche vor dem eigentlichen Jubelfest" Einkehrtage für alle Stände abgehalten. von 2 Kapuzinerpatres, welche Einkehrtage von allen Ständen mit großem Eifer fast vollzählig mitgemacht wurden.
Das Fest des hl. Martinus war ein grandioses Jubelfest, das mit heller Begeisterung vom Pfarrvolk mitgefeiert wurde. Bei der Frühmesse gingen fast alle Gläubigen nochmals zur hl. Kommunion. um ½ 9 Uhr war dann ein levitiertes Hochamt cor.ss, das der Pfarrer zelebrierte. Nach dem Hochamt begab sich dann die Pfarrgemeinde in feierlichem Zuge zum Dorfeingang, um dort Seiner Excellenz, den hochwürdigsten Herrn Bischof einen möglichst feierlichen Empfang zu bereiten. 26 Reiter hoch zu Roß, die Pferde sauber geputzt und geschmückt, und eine Anzahl Radler mit schön gezierten Rädern waren dem hohen Gast bis Weilheim entgegengeritten bzw.-gefahren, um ihm das Geleit zu geben. Nach dem Empfang und der Begrüßung des Bischofs seitens der Kinder, seitens der Pfarrjugend und seitens des Pfarrvolkes durch den Pfarrer, unter dem gewaltigen Triumpfbogen, den am Dorfeingang die Gemeindeverwaltung hatte errichten lassen, bewegte sich der Festzug in einer unabsehbaren Prozession hinauf zur Pfarrkirche, die im Festschmuck prangte. Auch das ganze Dorf trug Festesschmuck: Fast an allen Häusern waren Girlanden angebracht und flatterten die Fahnen. Am Fuß des Berges, der zur Pfarrkirche führt und am Eingang zum Friedhof waren auch Triumpfbögen aufgestellt. All dieser Schmuck des Dorfes und vor allem des Gotteshauses war ein beredtes Zeugnis von der Freude, die alle Pfarrkinder beseelte darüber, daß der hochwürdigste Herr Bischof in seiner bekannten Güte zugesagt und auch gekommen war, um die Schlußfeier des Jubiläums zu halten. Nach dem Einzug in die Kirche begrüßte nach einer kurzen Anbetung des Allerheiligsten der hohe Gast mit lieben Worten die Pfarrgemeinde und dankte herzlich für den so feierlichen Empfang, der ihm bereitet worden. Die Feierstunde am Nachmittag sollte ein grandioser Abschluß der Jubelfeier werden. Die Kirche war bis auf den letzten Platz gefüllt - sie wird wohl noch nie so viele Beter in sich versammelt haben.
Der Höhepunkt und Glanzpunkt der Feierstunde war die Predigt Seiner Excellenz des hochwürdige Herr Bischofs. In kaum zu überbietender Gedankenfülle und mit den herrlichsten Worten schilderte er die Bedeutung eines katholischen Gotteshauses und vor allem einer Pfarrkirche. Er wies darauf hin, wie alles, was wir im Gotteshaus schauen, eine beredte Sprache redet von all dem Segen und all der Gnade, die der im Tabernakel verborgene Gott immerfort austeilt an all die Gläubigen, die da kommen, um dem Dreieinigen und besonders dem Heiland im Tabernakel ihre Huldigung und Anbetung darzubringen oder Hilfe und Trost suchend ihre Bitten vorbringen. Er wies dann in einzig schöner Ausführung darauf hin, wie unsere Kirchen auch ein Stück „Heimat“ sind, denn im Gotteshaus sind wir im Hause unseres himmlischen Vaters. Aus dieser Wahrheit sollten besonders Trost schöpfen die Heimatverwiesenen. Wenn sie oft so ganz niedergeschlagen sind über ihren hoffnungslosen Zustand, wenn der Blick in die Zukunft ein Blick in ein undurchdringliches Dunkel, dann sollen sie sich immer wieder Trost und neue Hoffnung holen im Gotteshaus beim Heiland, der fortwährend allen Leidtragenden zuruft: „Kommt zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken.“ Mit einem feierlichen Tedeum wurde die Feierstunde beendet und damit auch das 200-jährige Jubiläum der Pfarrkirche