Gemeinderechnungen und Ortsgeschichte
Eine wahre Fundgrube ortsgeschichtlich relevanter Aufzeichnungen stellen alte Gemeinderechnungen dar. Sie gewähren Einblicke in das dörfliche Leben früherer Jahre und in das System der Selbstverwaltung in der bäuerlichen Gemeinde. Sie stellen die Amtspersonen vor: den "Amtskastner", die "Vierer" bzw.Bürgermeister, die "Gerichtspersonen oder "Räte",den "Meierhofer", den "Amtsknecht", den "Flurer",die Gemeindedienste wie Nachtwächter, Viehhirten (Pferde-, Ochsen-, Kuh-, Schweine- Schaf-und Gänsehirten), "Ehehaftgewerbe" ( Wirte, Bader, Metzger, Schmied, Zimmerer). Sie geben Auskunft über Einnahmen und Ausgaben der Gemeinde und nennen die Besitzer der einzelnen Anwesen und deren Vermögenstände usw.
In den hier vorliegenden Gemeinderechnungen von 1796 bis1806 spiegeln sich die politischen und gesellschaftlichen Umwälzungen der Napoleonischen Zeit wider. Die kriegerischen Auseinandersetzungen brachten abwechselnd österreichische und französische Truppen in das Dorf und der Bevölkerung ungeheure Lasten an Kontribution (Kriegszahlungen), Requisition (Ablieferungen, Beschlagnahmungen), Einquartierungen, Fuhrdienste und Schanzarbeiten. Mit dem Reichsdeputationshauptschluss vom 25.Februar 1803 und der nachfolgenden Säkularisation endete u.a. auch die Ortsherrschaft des Domkapitels und es entstand in den Folgejahren die politische Gemeinde Wolferstadt. Dies alles fand seinen Niederschlag in den Gemeinderechnungen. Unter der Rubrik "Beilagen" kommen die "einfachen" Leute zu Wort, der Dorfwirt, der Dorfschmied und der Dorfbader, der Zimmermann und der Maurer, der Schneider und der Schuster und die vielen Handdienst Leistende, wenn sie ihre Arbeiten in der Gemeinde in Rechnung stellen. Sie bieten ein authentisches Zeugnis vom Leben und Wirken der Menschen in Wolferstadt in einer turbulenten Epoche seiner Geschichte.
Die Schriftstücke werden weitgehend im Original wiedergegeben. Sprachliche Formulierungen und rechtschriftliche Darstellung der Texte weichen deshalb oft von der aktuell gültigen Norm und unseres heutigen Sprachverständnisses ab.