Eine kirchliche Mädchenschule für Wolferstadt?

Die Vorgänge im Zusammenhang mit der Säkularisatioin führten zu unterschwelligen Spannungen zwischen Kirche und Staat, die schließlich in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts im sogenannten Kulturkampf eskalierten. Liberale Kräfte in der Regierung suchten die kirchlichen Einflüsse auf die Gesellschaft einzuschränken. Man forderte u.a. die Abschaffung der geistlichen Schulaufsicht (1868), die Koedukation, (d.h. die gemeinsame Schule für Knaben und Mädchen) sowie die Verstaatlichung des Schulwesens. .
Als Antwort auf die staatlichen Bestrebungen, betrieb der damalige Ortspfarrer Anton Rupert Mohr ( 1857 - 1867) die Errichtung einer privaten kirchlichen Schule für Mädchen. Zu diesem Zwecke stellte er seinen Nachlass als finanziellen Grundstock zur Verfügung. Ein diesbezügliches Testament wurde nach seinem Tode vom Landgericht Monheim eröffnet

Abschrift
des Testamentes
des hochw. Herrn Pfarrers Ruppert Mohr
zur Errichtung eines Schwestern-Institutes
für die Schulgemeinde Wolferstadt

Monheim, den 7.Oktober 1878

Kgl. Landgericht Monheim

Betreff: Verlassenschaft des Mohr Anton Rupert
freiresignierten Pfarrers in Neumarkt

Auf das unter Gestrigem zu Protokoll gestellte Ansuchen theile ich mit, daß der Rücklaß ohne Mobilien sich auf circa 8000 Gulden belaufen mag und daß die Honorierung des im Testamente am 5. Juni 1872 ausgesetzten Vermächtnisses uneingerechnet die einzelnen Rücklaßgegenstände eine Summe von 5625 Gulden beanspruchen wird.

Die Erbeinsetzung des hieher bezüglichen Passus heißt:


Zu meinem Universalerben benenne ich die Schulgemeinde Wolferstadt jedoch mit der ausdrücklichen Verpflichtung dafür zu sorgen, daß innerhalb vier Jahren von meinem Tode an im Orte Wolferstadt einem religiösen Orden, am liebsten mir den Schulschwestern, der Schulunterricht, Elementar- und Arbeitsunterricht der weiblichen Schuljugend zu übergeben ist. Sollte jedoch die Schulgemeinde Wolferstadt dies mein Vermächtnis nicht annehmen wollen, welche Erklärung dies innerhalb eines halben Jahres abgeben muß, nachdem ihr durch meine Testaments-Executoren von der großen Erbschaft mitgetheilt, so bekommt sie gar nichts, und bestimme als Haupterben das Bischöfliche Seminar Eichstätt. Sollte aber das klösterliche Institut in Wolferstadt aufhören oder saecularisiert werden, so fällt das von mir stammende Vermögen zur Vergrößerung des Verstammvermögens des Stipendiums, welches dann an mehrere, auch Theologen aus dem Kapitel Bergen verliehen werden sollen.

Der Kgl. Landrichter
Freundlig

In Wolferstadt scheinen jedoch die liberalen und antiklerikalen Ideen stärker gewesen zu sein als die Verlockungen des Geldes von Pfarrer Mohr. Man zeigte keinerlei Interesse an dem Vorhaben und verzichteten auf die im Vermächtnis zugedachten Finanzmittel. Offensichtlich darüber verärgert veranlasste dies einen unbekannten Schreiber zu einer Randnotiz am Testament :

"wurde aber nicht angenommen, was diabolisch (teuflisch) zu hören ist."

Es blieb also bei einer einzigen Schule, in der Knaben und Mädchen gemeinsam unterrichtet wurden.

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Von der kleinen Schul bis zur Sunntischul


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Schulgeschichte

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7.Mädchenschule
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30.Schule im Wandel
31.Schulhausbau 1963/64
32.Richtfest -Einweihung
33.Neuordnung des Schulwesens
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